Der Neurobiologe und Autor Gerald Hüther sagte unlängst in einem Interview zum Thema der sich geänderten Anforderungen der Arbeitswelt: „Künftig werden nur noch diejenigen eine Beschäftigung finden, die Freude an dem haben, was sie tun. Das gilt nicht nur für Fabrikarbeiter, auch für Pflegekräfte, Juristen, Hochschul-Dozenten und Ärzte. Deshalb dürfte keinem einzigen Kind in der Schule oder gar schon im Kindergarten die Freude am eigenen Entdecken und gemeinsamen Gestalten verloren gehen. Denn genau das führt mit großer Wahrscheinlichkeit dazu, dass solche Kinder später als Erwachsene auch nicht gern lernen, geschweige denn gern arbeiten.“
Gerade zum Schulschluss sollten wir als Eltern und Erzieher uns diese Gedanken zu durch den Kopf gehen lassen. Wenn es um das Bestehen der letzten Prüfungen und Schularbeiten geht, Kinder noch extra Lernstunden einlegen müssen, damit sie den Abschluss des Jahres schaffen, sollten wir uns fragen, wie geht es meinem Kind dabei? Hat es noch Freude daran, neues zu entdecken und sich neues Wissen anzueignen oder folgt es nur noch den Zielen und Erwartungen einzelner Personen im Bildungssystem. Die Wissbegierde, die kindliche Neugier gilt es gerade in jungen Jahren zu schützen, denn sie ist die Basis für das Gedeihen einer inneren Orientierung im Kind, die ihnen das ganze Leben lang hilft. Je mehr diese extern durch Demütigung, Erfolgsdruck und Ehrgeiz anderer im Keim erstickt wird, umso schwieriger wird sich das Kind auf die geänderten Herausforderungen in der heutigen Welt einstellen können. Was ist ein zu wiederholendes Schuljahr und ein zufriedenes Kind, dem die Zeit geschenkt wird sich und seine inneren Fähigkeiten zu entdecken, im Vergleich zu einem Kind, dass von Fremdvorstellungen geleitet, das tut, was „man“ zu tun hat und irgendwann später im Leben steht und „nur“ das tun kann, was eben andere von ihm erwarten?
Gerade in der hektischen Zeit vor dem Schulschluss, nehme ich mir besonders Zeit für die Kinder in unserer Lernwerkstatt. Ich höre die Erwartungen von den Eltern, ich sehe aber vor allem das Kind vor mir, dass mich führt und zeigt, wie weit es noch gehen kann und wann es genug ist. Diese Zeichen nehme ich bewusst wahr, denn nichts ist mir wichtiger als das Leuchten in den Kinderaugen zu bewahren, wenn sie eine neue Rechenart verstanden haben oder Zeilen in einem Buch besonders lustig fanden und wir darüber gemeinsam lachen können. In diesem Sinne wünsche auch ich allen Eltern, Kraft und Ausdauer, aber vor allem auch die Geduld, hinzuhören und hinzuschauen, was ihr Kind wirklich braucht.
Karin Schaden und Team