Das Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht

Der Schulalltag wird für Kinder und Eltern immer anspruchsvoller. „Tagwache ist um 6 Uhr“, erzählt Elisabeth, Mutter von drei Kindern, „und um 7 Uhr sind alle Kinder aus dem Haus. Nach der Schule geht es zum Fußball, Tanzunterricht, Förderstunde. Gemeinsam gegessen wir kaum noch, denn bis alle zu Hause sind, ist es 8 Uhr abends. Dann werden noch schnell Vokabel abgefragt, Schulaufgaben überprüft und das Referat für den nächsten Tag wiederholt.“ Da kommt man als Mutter ganz schön unter Druck, von den Kindern ganz zu schweigen.

Eine Umfrage für die Studie „Eltern-Lehrer-Schulerfolg“ der Konrad-Adenauer-Stiftung ergab, dass es für die Mehrheit der befragten Eltern wichtig ist, dass die Kinder zumindest die Matura machen – und dafür wird hart gearbeitet. Auch um den hohen Anforderungen der Gesamtschule gerecht zu werden und um gute Noten zu schreiben, damit die Sprösslinge auf das Gymnasium gehen können. Dafür werden Nachhilfestunden bezahlt und die Eltern sitzen bis tief in die Nacht über den Büchern mit ihren Kindern. Durch diesen Druck, beim nächsten Test oder Diktat noch besser abzuschneiden, fühlen sich Eltern und Kind oft überfordert.

Der bekannte Schweizer Kinderarzt Remo Largo kämpft seit Jahren gegen diesen Erfolgsdruck in der Kindererziehung an. Eine Schule kann keine „Zuweisungsstelle für Lebenschancen“ sein, sondern man sollte den Kindern die Möglichkeit geben, sich selbst in ihrem eigenen Tempo zu entwickeln – ohne unnötigen Druck von außen. Eltern müssen nach Meinung Largos erkennen, was das Kind will und weniger versuchen, dass zu erreichen, was man selbst will. So wie man das Wachsen des Grases im Frühling nicht beschleunigen kann, genauso sollte man auch jedem Kind so viel Zeit für die eigene Entwicklung geben, wie es benötigt. Es geht nicht darum, mit aller Gewalt Lernstoff beizubringen, man muss den Kindern auch den Freiraum schaffen, selbst zu lernen und neues erfahren zu können. Dabei ist es wichtig auf den Entwicklungsstand der Kinder einzugehen, die gerade im Alter von 6 bis 15 Jahren viel Bedarf an Bewegung haben. Die Kunst ist es, auf diese Bewegungslust einzugehen und mit der Aneignung neuen Wissens zu verknüpfen, also das Lernen mit allen Sinnen zu fördern:  So kann man etwa bei einem Ausflug im Wald mit dem Einsatz von Naturmaterialien wie Lehm, Sand oder Wasser schon früh die Experimentierfreude der Kleinen wecken. Kinder gehen Fragen wie „Wie fließt das Wasser? Wie schwer ist Lehm oder Sand?“ nach und Erwachsene können diesen Wissensdurst durch das Fördern eigener Handlungsplanung unterstützen. Das wertvollste Geschenk dabei ist es für Kinder, sich Zeit für sie zu nehmen.

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