Immer öfter wird Aufmerksamkeitsdefizit-/ Hyperaktivitätsstörung (ADHS) bei Kindern diagnostiziert und Psychopharmaka verschrieben. ADHS ist durch Symptome wie Unaufmerksamkeit, gesteigerte Impulsivität und motorische Aktivität gekennzeichnet. Kinder mit ADHS haben eine Reizleitungsstörung. Sie nehmen viel mehr Dinge auf als andere Kinder. Da kann eine Aufforderung von der Mutter in einem bestimmten Moment für das Kind ganz unwichtig erscheinen und gar nicht wahrgenommen werden.
Der Neurobiologe und Hirnforscher Dr. Gerald Hüther meint zum Anstieg von diagnostizierter Aufmerksamkeitsdefizitstörung (ADHS), dass der Grund darin liegt, dass Kindern die Erfahrung des Gefühls der Zugehörigkeit zu sozialen Gruppen durch „shared attention“ heute fehlt.
In früheren Generationen hätten Kinder mit ihren Eltern im Herbst Holz gesammelt. Sie hätten sich gemeinsam angestrengt und zusammen die Erfahrung gemacht, wie schön es ist, wenn es warm wird. Heute schalten wir die Heizung ein. Das gemeinsame Erlebnis, die „geteilte Aufmerksamkeit“ an einem gemeinsamen Ziel fällt weg. Genau diese Gelegenheiten gilt es also wieder zu schaffen, indem Kinder oft in alltägliche Aufgaben miteinbezogen werden: Sei es, dass Ihr Kind beim Kochen hilft oder beim Streichen des Gartenzaunes, Sie zeigen ihm, dass sein Beitrag wichtig ist.
Auch regelmäßige Bewegung spielt eine wichtige Rolle, und das an der frischen Luft. Der Wald im Herbstgewand lädt zum Besuch ein, vielleicht gibt es sogar eine Spielgruppe oder Pfadfinder, denen Ihr Kind beitreten kann?
Wichtig ist es auch bei Kindern mit ADHS konkrete und nicht zu viele Anordnungen zu geben, Klarheit ist wichtig, wenn etwas vereinbart wird. Sie helfen Ihrem Kind auch, wenn Sie im Struktur geben in seinem Tagesablauf durch sich wiederholende Rituale im Tagesablauf, z.B. gemeinsames Frühstück, Mama bringt in die Schule, Papa holt ab, ein Spaziergang mit dem Hund am Nachmittag etc.
Versuchen Sie eine Balance zu finden zwischen den Aufgaben, die Sie Ihrem Kind abnehmen und den Tätigkeiten, die er selbst ausführen kann. Dabei ist der Leitsatz der Erziehungswissenschaftlerin Dr. Maria Montessori sehr hilfreich: „Hilf mir, es selbst zu tun.“ In einem nach Montessori gestalteten Umfeld werden Tätigkeiten der Kinder möglich, die sie tief in Konzentration versinken lassen ohne dabei unterbrochen zu werden. Laut Montessori ist die Entwicklung von Konzentrationsvermögen die Grundlage jeder Arbeit mit Kindern. Wenn Kinder in den „Fluss des Lernens“ kommen, entwickelt sich auch eine Liebe zum Lernen, durch die Freude, die man durch die tiefe Hingabe und Neugier für eine Aufgabe entwickelt. Nur so werden Kinder auch mehr lernen wollen – egal, ob ADHS diagnostiziert wurde oder nicht.